Schmuck und Accessoires

 

Einführung:

Zum typischen Schmuck-Repertoire des 13. Jahrhunderts gehören vor allem Accessoires mit Nadelverschluss, die sowohl funktional zum Zusammenhalten von Kleidungsteilen als auch als reine zierende Elemente eingesetzt wurden, sowie schmückende Elemte an Gürteln und Riemen.
Erst im ausgehenden 13. Jahrhundert kamen vermehrt Haken- und Ösenverschlüsse auf. Auch der Einsatz von Knöpfen zum Verschluss von Kleidungsstücken oder als schmückende Elemente wird eher Mitte bis Ende des 13. Jahrhunderts zugeordnet. Weiterhin kann man Nadeln zum Feststecken von Kleidungsteilen (wie beispielsweise Schleier oder Gebende) zum Schmuckrepertoire zählen.

Echter 'Körperschmuck' in der Form von Ringen ist anhand Fundstücken und zeitgenössischen Abbildungen belegbar. Ohrringe sind im Mitteleuropa des 13. Jahrhunderts selten, da Kopf und Haare der Frauen in der Regel verhüllt wurden (Schleier, Gebende etc.). Im slawischen Kulturkreis (siehe Artikel zur slawischen Tracht) wurden sogenannte Stirn- oder Schläfenringe getragen. Halsketten sind aufgrund der hochgeschlossenen Kleidung ebenfalls eher selten (außer 'Amts'ketten), werden aber auch vor allem dem slawischen Kulturkreis zogeordnet. Armringe oder Armbänder als Körperschmuck sind im 13. Jahrhundert höchst selten und gehören wenn dann meist in die skandinavische Tradition (Armringe waren während der Wikingerzeit hier ein gebräuchliches Trachtbestandteil) oder werden dem südsteuropäischen Raum zugeordnet (siehe Krabath und Lambacher, 2006).

Die Kleidungsaccessoires wurden überwiegend aus Buntmetall, seltener aus Edelmetallen wie Silber und Gold und bei sehr einfachen Formen auch aus Eisen gefertigt. Sowohl Material als auch Formen- und Typensprache entsprechen dem jeweiligen Stand des Trägers und können entsprechend einfach oder sehr kunstvoll verziert sein.

Bezüglich der Bezeichnungen der Nadelverschlüsse existieren verschiedene Nomenklaturen aus den Bereichen Kostümkunde und Archäologie. Hierzu verweisen wir auf Standardwerke wie: Fingerlin (1971). Wir orientieren uns an den Termini der jüngeren archäologischen Arbeiten (beispielsweise Krabath und Lambacher, 2006).
Als Spangen bzw. Fürspane werden demzufolge Schmuckstücke mit einem im Zentrum offenen Rahmen und Nadel auf der Vorderseite bezeichnet. Als Fibeln werden Gewandverschlüsse eingeordnet, die eine Nadelkonstruktion auf der Rückseite aufweisen. Weitere gebräuchliche Bezeichnungen werden bei der Beschreibung in Klammern angegeben.

Die frühesten Knöpfe kamen vermutlich aus dem Orient Ende des ersten Jahrtausends n. Chr. nach Mitteleuropa. Mit den im Mittelalter üblichen - in der Regel aus einfachen Formen konstruierten und daher eher weiten und oft verschnürten - Kleidungsstücken waren Knöpfe zum Kleidungsverschluss nicht notwendig. Aus dem gesamten 13. Jahrhundert sind allerdings nur wenige Knöpfe einer Form erhalten: diese sind kugelförmig, aus Silber gefertigt und nicht vergoldet oder anderweitig dekoriert. Diese Knöpfe besitzen eine Öse, mit der sie am Kleidungsstück befestigt werden. Auch im zeitgenössischen Bildgut dominieren sehr kleine, kugelförmige Knöpfe an Hals- und (seltener) Handgelenksausschnitten der Obergewänder. Der Aufbau der Kugelnköpfe besteht aus zwei in der Äquatorialebene verlöteten Kalotten, die den Körper des Knopfes bilden. In einem Pol wurde eine schlaufenförmige Öse eingesteckt und verlötet.
Erst im beginnenden 14. Jahrhundert, mit der sich neu etablierenden körperbetonenderen Mode, werden Knöpfe an den Kleidungsstücken notwendig und auch als häufiges schmückendes Trachtelement eingesetzt (i.e. lange Knopfreihen an Ärmeln undSeitennähten oder -schlitzen etc., die nicht unbedingt funktional bedingt sein müssen). Dem entsprechen die häufigeren archäologischen Funde aus dem 14. Jahrhhundert ebenso wie die Abbildungen an zeitgenösssichen Skulpturen und Illuminationen. Nun finden sich auch verschiedenste Formen von erhaltenen Knöpfen, oft aufwendig verziert - während in der bildenden Kunst der Epoche in der Regel nur einfache Kugel- und Scheibenknöpfe dargestellt sind. Rechnungsbücher und Inventarlisten der Zeit listen große Mengen von Knöpfen auf (siehe: Krabath und Lambacher, 2006).

Als rein zierende Elemente kann man Preßblechapplikationen ansehen, die seit dem 12. Jahrhundert an sakralen und profanen Textilien auftreten, ihren Höhepunkt der Verbreitung aber ebenfalls als modische Erscheinung erst im 14. Jahrhundert erreichen. Im 13. Jahrhundert sind sie an Obergewändern vermutlich eher auf den sakralen Einsatz bzw. auf Prunkgewänder reserviert. Zierende Applikationen finden sich aber im zeitgenössischen Bildgut reichlich als Verzierungen an Mantelschnüren (höfischer Tasselmantel) und Leibgürteln (sogenannte Riemenstrecker, Zierbeschläge), wie sie beispielsweise die Skulpturen der klugen und törichten Jungfrauen im Magdebuger Dom zu finden sind. An solchen Applikationen können auch kleinere Anhänger befestigt sein. Eine häufiger auftretende Form ist hier die Eichel im Fruchbecher. Hierzu sind aus dem 13. Jahrhundert sogar Gußformen aus Rostock erhalten.

 

Im Folgenden zeigen wir eine kleine Auswahl der von uns vorgeführten Accessoires des 13. Jahrhundert. Die Objekte sind Nachbildungen von Fundstücken bzw. entsprechend der Formensprache zeitgenössischer Abbildungen aus historisch korrekten Materialien handgefertigt.

 

Ausgewählte Literatur:

Der Pritzwalker Schatzfund - Schmuck des späten Mittelalters. Stefan Krabatz, Lothar Lambacher. Staatliche Museen zu Berlin - Kunstgewerbemuseum und Stadt- und Brauereimuseum Pritzwalk, Pritzwalk, 2006

Gürtel des hohen und späten Mittelalters. Ilse Fingerlin. Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. XLVI, München/Berlin, 1971.

Mittelalterliche Lederfunde aus Schleswig - Futterale, Riemen, Taschen und andere Objekte. Christiane Schnack. Ausgrabungen in Schleswig - Bericht und Studien 13, Hrsg. Volker Vogel. Wachholz verlag Neumünster, 1998.

Fibel- und Gürtelmode der Hochgotik. Gösta Ditmar-Trauth. Karfunkel Verlag, Wald-Michelbach, 2000

Dress accessories 1150-1450. Geoff Egan, Frances Pritchard. Boydell Press, Woodbridge, 2002

 


Verschiedene Gürtelgarnituren. Von links nach rechts: 1. sämisch gegerbter breiterer Männergürtel, die Schnalle ist einem Lichterfelder Fund (siehe unten) nachempfunden, Beschlägblech mit lilienförmigem Ausschnitt verziert; 2. kammgewebter Gürtel mit einfacher D-förmiger profilierter Schnalle; 3. schmaler, sämisch-gegerbter Ledergürtel mit typischen Buckelschnallen (profiliert, Perldraht mit Endnoppen), Beschlägblechen und verzierten Riemenzungen aus Kupferbronze; 4. breiterer, vegetabil gegerbter Gürtel mit typischer Buckel- bzw. "Earlobe"-Schnalle (profilierte Schnall mit Ecknoppen; Fingerlin-Typ 7) und verziertem Beschlägblech aus Kupferbronze; Mitte: Nachbildungen von einfachen Gürtelschnallen aus Lichterfelde (Berlin); siehe auch weiter unten.


Ausführung der Gürtelgarnitur: Sven Mündel

Aufwendig verzierte Gürtelgarnitur einer Dame mit regelmässig alternierenden rauten- und balkenförmigen Pressblechbeschlägen aus Kupferbronze (nach einem hochmittelalterlichen Fund aus Schleswig) auf vegetabil gegerbtem Leder. Die Schnallen- (profilierte Schnalle mit Perlstab und Ecknoppen) bzw. Riemenzungenformen sind Darstellungen an Plastiken des Magdeburger Doms nachempfunden. Fundvorlage (unten) aus: Schnack,1998.


Ausführung der Gürtelgarnitur: Sven Mündel

Breitere Gürtelgarnitur eines Herrn mit regelmässig angeordneten sogenannten 'Riemenstreckern', die ein Zusammenrollen bzw. Faltenbildung am Gürtelriemen verhindern sollen und zusätzlich als Schmuckelemente dienen. Die Form der Schnalle (sogenannte profilierte Schnalle mit Perlstab, Fingerlin Typ 5) und des Beschlagblechs orientiert sich der Darstellung an der Plastik des Hermann von Hagen im Dom von Merseburg, um 1240-1250 (nach: Gösta Ditmar-Trauth, 2000). Der Gürtelendbeschlag orientiert sich an Funden (siehe beispielsweise: Geoff Egan, Frances Pritchard , 2002) bzw. Großplastikend des 13. Jh (z.B. törichte Jungfrauen, Magdeburger Dom, um 1230; siehe Gösta-Trauth). Die Form der Riemenstrecker orientiert sich ebenfalls an Funden und Großplastiken der Epoche.


Ausführung der englischen Nadeln: Sven Mündel

Sogenannte Gebendenadeln zum Feststecken der verschiedenen Kopfbedeckungen der Frau (Schleier, Gebendestreifen etc.). Nachbildungen von deutschen (rechts) und englischen (links) Funden (nach: Egan and Pritchard), Zierperle aus roter Koralle.


Foto: Andreas Meinicke

Einfache Kleidungsaccessoires aus Buntmetall, wie sie auch für die Kleidung der Landsassen in Frage käme. Links: runde Spangen (Rundfibeln) mit einfachen Ritz- (oben) und Dreiecksverzierungen (unten); rechts: Nachbildungen von zwei Gürtelschnallenfunden aus Berlin-Lichterfelde (Mitte 13. Jh), Dornen aus Eisen gefertigt, mit typischen einfachen Ritzverzierungen.


Wertvollerer Fürspan in Blütenform, aus Silber in Niello-Technik; nach einem englischen Fund des 13. Jh. gefertigt.


Weiter Beispiele für aufwendigere Fürspane aus Silber. Links: durchbrochene Rhombenform (Karofibel), in 'Perldraht-Optik' gefertigt; rechts: octogonale Form, mit einfacher Falzverzierung (nach Funden bzw. Großplastiken des 13. Jh.)..


Weitere Fürspantypen aus Buntmetall, Links eine sogenannte 'Türmchenfibel (besser; Spange)': kleine, runde Grundform (Ringfibel) mit vier turmartig gefassten Edelsteinen (dieser Fürspantypus findet sich häufig z. B. an französischen Großplastiken, z.B. Herodios, Kathedrale Reims, um 1240), rechts Nachbildung eines größeren sternförmigen Fürspans aus Magdeburg (nach einem Fund gefertigt, siehe unten).



Links: Detailaufnahme des sternförmigen hexagonalen 'Magdeburger' Fürspans: die Zacken des Sterns sind gemäß der Fundvorlage (rechts) erhaben und strukturiert ausgearbeitet.
Fundvorlage aus: Erzbischof Wichmann (1152-1192) und Magdeburg im hohen Mittelalter. Stadt - Erzbistum - Reich. Hrsg. Matthias Puhle, Magdeburger Museen, 1992. Ähnliche geformte Fürspantypen finden sich auch an den Großplastiken der törichten Jungfrauen im Magdeburger Dom (um 1230).

 

Weitere Fürspantypen in der Formensprache des 13. Jahrhunderts: aus Silber gefertigt (Mitte links, unten) bzw. einfacher rhombenförmiger Typ (Karofibel) aus Buntmetall (oben) (nach Funden bzw. Großplastiken). Der Fürspan Mitte links entspricht in der Form etwa der Spange der 'Synagoge' des Bamberger Doms.


Silberner Fürspan in der typischen Formensprache des 13. Jahrhunderts am Ausschnitt eines Wollkleides.


Einfache Buntmetall-Spange am Ausschnitt einer gefütterten Surcotte.


Verschiedene Knopftypen: rechts: die einfache Kugelform mit Öse, typisch für den eher spärlichen Knopfeinsatz des 13. Jahrhunderts (hier leider noch eine vollgegossene Form - historisch korrekt wäre die Konstruktion aus zwei Kalotten, siehe oben); links: mit Ritzmuster vezierter Scheibenknopf mit Öse ( eher typisch für das Spätmittelalter)



Almosenbeutel und Münzbeutelchen mit brandenburger Denaren. Die sogenannten Almosenbeutel wurden als Gürteltäschchen am Leibgürtel zur Aufbewahrung verschiedenster persönlicher Gegenstände getragen.



Almosenbeutel mit persönlichen Habseligkeiten: Schlüssel und Kamm.



Einseitiger Dreilagenkamm aus Bein, mit Zierschnitzerei.



Schlüsselreplik aus Bronze und zwei Originalfunde aus Eisen.



Da die Tracht des 13. Jahrhunderts keine Taschen aufweist, werden die Habseligkeiten in Umhängetaschen oder Beutelchen, die am Gürtel befestigt werden, mitgeführt: Umhängetasche aus grobem Wollstoff und kammgewebtem Band, Almosenbeutel.



Bäuerliche Trachtbestandteile: Strohhüte und Umhängetasche.



 

 

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