Die Textil-Färberei im 13. Jahrhundert

unter besonderer Berücksichtigung der Mark Brandenburg

 

Johannes Kulick
Erste Fassung: Februar 2007


Einleitung

Im vorstädtischen Umfeld des Früh- und beginnenden Hochmittelalters ist davon auszugehen, dass die Färberei eine im allgemeinen häusliche Tätigkeit darstellte. Das Gros der Bevölkerung trug ungefärbte naturweiße und -braune Wollkleidung. Die wenige gefärbte Kleidung wurde von der Frau im Verlauf der üblichen Wollverarbeitung gefärbt. Es ist davon auszugehen, dass hier bereits Rohwolle und Garne gefärbt wurden.

Neben verhältnismäßig teuren Farbstoffen ist auch ein großer Werkzeugbedarf für die Färberei zu berücksichtigen, wenn man an die vorstädtische Zeit denkt. Nur wenige Menschen werden die großen Kessel, die von Nöten sind, um angemessene Mengen Stoff zu färben, zur Verfügung gehabt haben.

Mit Beginn der kommunalen Bewegung während des 13. Jahrhunderts ändert sich diese Situation deutlich. Ein aufstrebendes Bürgertum beginnt einen Sinn für Mode zu entwickeln und die Spezialisierung des Handwerks tut dem Genüge. Dazu gehört auch die Farbigkeit der Kleidung, die in diesen Jahrzehnten deutlich zugenommen haben muss.

Es ist bezeichnend, dass die ersten Quellen für Färberezepte auch in diese Zeit fallen, so dass uns neben archäologischen Fundgut und den reichen Miniaturquellen, deren Realismus in der Farbigkeit jedoch leider meist fragwürdig ist, auch erste schriftliche Quellen zur Verfügung stehen. Regional gesehen sind diese leider so gut wie vollständig in Süddeutschland angesiedelt, so dass es für die Mark Brandenburg an guten Quellen mangelt. Trotzdem gibt es Anzeichen, dass es die Entwicklung aus Süddeutschland in ähnlicher Form auch im Nordosten Deutschlands gegeben hat.

In der Sekundärliteratur ist besonders Ernst Ploss' Werk " Ein Buch von alten Farben" ([Ploss, 1967]) hervorzuheben. Er hat Mitte des 20. Jahrhunderts fast das gesamte Material zum Thema gesichtet und verarbeitet und stellt die Färberei und ihre Untergebiete sehr detailliert dar.

 

Der Färber

Abb. 1: Berliner Färberwappen, vermutlich 17. Jhd., nach E. Ploss

Im Zuge der Bildung des spezialisierten Handwerks begann sich im 13. Jahrhundert auch der Beruf des Färbers herauszubilden. Interessanterweise bilden sich aber nicht wie in anderen Gewerben eigene Zünfte, diese entstehen erst deutlich später. (vgl. [Grunfelder, 1922]) Vielmehr ist der Färber, wenn er als eigenständiger Beruf auftritt, ein Lohnhandwerker der Tuchmacher, wie beispielsweise 1326 in Berlin in der Zunftordnung festgelegt. ([Ploss, 1967], S. 46) Durch die Zunftordnung war es dem Färber untersagt, die eigenen Stoffe selber zu verkaufen, er war an die Tuchmacher gebunden. Häufig tritt zu dieser Zeit aber noch der Weber oder Tuchmacher und Färber in einer Person auf. Dies ist besonders erstaunlich, da für das Färbehandwerk ein großer Materialaufwand betrieben werden und ein reicher Erfahrungsschatz vorhanden sein muss. Auch ein nicht unerhebliches finanzielles Risiko ist mit dem Handwerk verbunden: Viele Farben müssen mit mehreren, teuren Zügen gefärbt werden und bei jedem dieser Züge besteht die Gefahr der Ungleichmäßigkeit der Farbe, die letztendlich zur Entwertung des Endprodukts führt. (vgl. [Baum, 1977]) Es ist sogar wahrscheinlich, dass teure Farben nur in Ballungszentren der Färberei wie Flandern oder im Rheinischen gefärbt wurden.

Abb. 2: Flandrische Färber in der Färberküche, 1482., nach E. Ploss; auf Grund der Farbe lässt sich vermuten, dass es sich um einen Kupferkessel handelt.

Im Spätmittelalter bilden sich dann auch die Färberzünfte aus, trennen sich alsbald sogar in unterschiedliche Spezialgebiete: Schönfärber (`bunte' Farben), Blaufärber, Schwarzfärber, andernorts in Leinen- oder Wollfärber, wieder andernorts in Tuch- und Garnfärber. (vgl. [Baum, 1977]) Allerdings fällt dies aus der betrachtet Zeitspanne und soll deshalb nicht näher erläutert werden.

Über die Werkstatt des Färbers im 13. Jhd. ist wenig bekannt. Wir können jedoch aus den Bildern späterer Zeit einiges ableiten. Die meisten mittelalterlichen Färber hatten große ummauerte feste Öfen, in die Kessel, vermutlich aus Kupfer, eingehängt wurden, ähnlich den Waschkesseln des 19. Jahrhunderts. Genauso gab es jedoch auch freie Kessel auf Dreibeinen. Der Färberstock wurde später sogar zum Zunftzeichen, es ist also davon auszugehen und fast schon trivial, dass entsprechende Werkzeuge zum Händeln der gefärbten Tuche vorhanden waren. Auch gab es wohl Winden, um die Tuche durch den Färbesud zu ziehen. Weiteres Kleinwerkzeug wie Schöpfkellen und Eimer sind auf Abbildungen oder in Testamenten ersichtlich. Zum Blaufärben benötigte ein Färber große hölzerne Kübel, die sogenannten Küpen. All diese Werkzeuge waren Eigentum des jeweiligen Meisters, während Werkstätten an sich häufig den Zünften gehörten, wie dies auch bei anderen Handwerken üblich war. (vgl. [Engel, 1993], S. 149 f.)

Abb. 3: Färber bei der Arbeit, 1568., nach E. Ploss; Ein Blaufärber, gut an der großen Holzküpe zu erkennen.

Räumlich waren die Färbewerkstätten, wie wir aus der Stadtforschung wissen, häufig am Rand der Stadt oder an Fließgewässern gelegen. Hierfür gibt es einen einfach Grund: Die Färberei verlangt an verschiedenen Stellen des Prozess einen hohen Wasserbedarf, die durch solche Gewässer gedeckt werden konnte. Wegen der Gewässerverschmutzung wurde die Spülung der gefärbten Stoffe teilweise sogar auf bestimmte Gebiete beschränkt. (vgl. [Baum, 1977])

 

Die Farben

Rot

Der verbreiteste rote Farbstoff über viele Jahrhunderte war die Krappwurzel (Rubia tinctorum). Schon im 8. Jahrhundert ordnete Karl der Große seinen Anbau in großem Maßstab an. Hauptanbaugebiet im Hoch- und Spätmittelalter war Zeeland in den Niederlanden, wo die kalkreichen Böden hervorragende Bedingungen für den Krappanbau boten. (vgl. [Schweppe, 1993], S. 233 f.) Mit Krapp lassen sich vielerlei Rottöne, von Orange bis Violett erzeugen. Ausschlaggebend für die Resultate sind einerseits die Dosierung andererseits aber auch in erheblichem Maße die Beizen, die gewählt werden.

Abb. 4: Mit Krapp (Rubia tinctorum) gefärbter Wollstoff, Alaunbeize

Im Hochmittelalter wohl genauso verbreitet wie Krapp war das Brasilholz (Caesalpinia echinata), das später sogar einem ganzen Land seinen Namen gegeben hat. Nach Ernst Ploss war sogar im Hochmittelalter " der wichtigste rote Beizenfarbstoff das Rot des Brasilholzes"([Ploss, 1967], S. 31). Für das Brasilholz gibt es auch schon in frühen Rezepthandschriften einige Färbeanweisungen, wohingegen Krapp deutlich seltener auftritt. Auch im Fundgut lässt sich die Dominanz des Rotholzes nachweisen: Im 15. Jhd. vor 1450 enthalten rund 80% der roten Textilen Rotholz. (vgl. [Schweppe, 1993], S. 72) Neben Stoffen wurde mit Brasilholz auch Leder rot gefärbt. (vgl. [Wiswe, 1958], S.55)

Ein weiterer roter Farbstoffe ist deutlich seltener anzutreffen: Das Karminrot, der Körpersaft der Kermes-Schildlaus. Dieser sehr leuchtende Farbstoff war sehr kostbar und für viele einfach unerschwinglich. Nichtsdesdotrotz gibt es aus dem 15. Jhd. Rezepte zur Herstellung des Farbstoffes. (vgl. [Schweppe, 1993], S. 279)

Blau

Abb. 5: Waid (Isatis tinctoria)

Im 13. Jhd. stand für die Blaufärberei im Prinzip ein Farbstoff allein da: Waid (Isatis tinctoria). Zwar gibt es einige Rezepte zur Blaufärberei mit Beeren, allerdings sind diese Farbstoffe weder licht- noch waschecht, was in kurzer Zeit zu einem Ausgrauen des Farbtons führt. Der aus Waid gewonnene Indigo hingegen ist sehr beständig.

Allerdings ist die Färbung mit Waid auch eine der aufwendigsten und kompliziertesten. Nicht ohne Grund bildete sich eine eigene Zunft der Blaufärber. Indigo ist ein so genannter Küpenfarbstoff, das heißt man färbt mit einer Vorstufe des eigentlichen Farbstoffes und lässt diesen dann oxidieren, um den endgültigen Farbton zu erhalten. Dies führte natürlich auch zu einer Verteuerung des Farbtons, gerade dunkle Blautöne, die mehrere Färbegänge erforderten, waren für viele Menschen nicht erschwinglich.

Hauptanbaugebiet des Waids war Thüringen, von wo er auch in die Mark Brandenburg importiert wurde. (vgl. [Helbig, 1973]) Er war aber auch im Rest Mitteleuropas weit verbreitet. (vgl. [Schweppe, 1993], S. 297) Der Waid wurde noch vor Ort zu Waidbällen verarbeitet und dann exportiert.

Häufiger im Zusammenhang mit der Blaufärberei trifft man auch auf die Kornblume, womit wohl sogar Leder gefärbt wurde. (vgl. [Wiswe, 1958], S. 56)

Im ausgehenden Hochmittelalter begann dann auch der Import von indischem Indigo, dessen Farbstoffgehalt deutlich höher ist.

 

Gelb

Abb. 6: Färber-Wau in Blüte (Reseda luteola)

Als wichtigsten Gelb-Farbstoff muss man zu aller erst den Wau (Reseda luteola) nennen. Er ist bereits sehr früh nachweisbar und wird auch in Rezepten benannt. Daneben sind allerlei Rinden zum Gelbfärben nutzbar, allen voran die des wilden Apfelbaums. (vgl. [Ploss, 1967], S. 28 f.)

Viele weitere Pflanzen sind gut zur Gelbfärberei geeignet: Birkenblätter, Färberkamille, Goldrute. Leider sind diese im Fundgut nur sehr schwerlich nachzuweisen

Wichtig zum Gelbfärben von teureren Farben waren Saflor und Safran, die in Europa nicht heimisch waren und aus dem Orient importiert werden mussten.

 

Grün

Eine besondere Stellung unter den Farben nimmt das Grün ein. Zwar ist es möglich mit Eisenbeizen gelbe Farbstoffe zu einem Olivgrün zu überführen, ein reines Grün ist aber nur durch teures Überfärben von Wau und Waid oder unvergorenem Waid und Waid zu erhalten. So wird auch in der zeitgenössischen Literatur grün immer wieder in Verbindung mit besonders teuren und edlen Stoffen gebracht. (vgl. [Brüggen, 1989])

 

Andere Farben

Schwarz als wichtige Färbung ist im Allgemeinen erst ein Thema des Spätmittelalters. Im Hochmittelalter als Naturdunkelbraun der Schafswolle durchaus als Arbeits- und einfache Kleidung vorhanden, entwickelt sich Schwarz in späteren Jahrhunderten zur Modefarbe, allerdings aufwendig gefärbt durch Eisen-Säure Überfärbung von schon sehr dunkel vorgefärbten Stoffen. (vgl. [Ploss, 1967], S. 27 f.)

Braun ist sehr einfach durch Walnussschalen zu färben, und taucht auch bereits in der ältesten deutschsprachigen Färbehandschrift von 1330, der Innsbrucker Handschrift auf.

Violett hingegen gehört der mittelalterlichen Farbvorstellung nach zu den roten Farbtönen und konnte durch Krapp alleine oder Überfärbung mit Waid erzielt werden und war so auch eine teure Farbe.

 

Literatur

Baum, 1977

Baum, H.-P. (1977).

Farbe, Färber, Farbensymbolik, II. Färber, Färberei.

In Lexikon des Mittelalters, 10 vols, Seiten 286-289. Verlag J.B. Metzler, Stuttgart.

Brüggen, 1989

Brüggen, E. (1989).

Kleidung und Mode in der höfischen Epik des 12. und 13. Jahrhunderts.

Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg.

Engel, 1993

Engel, E. (1993).

Die deutsche Stadt im Mittelalter.

Verlag C.H. Beck, München.

Grunfelder, 1922

Grunfelder, H. (1922).

Die Färberei in Deutschland bis zum Jahre 1300.

In Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Seite 302-324. Kohlhammer, Berlin.

Helbig, 1973

Helbig, H. (1973).

Gesellschaft und Wirtschaft der Mark Brandenburg im Mittelalter.

In Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, Band 41, Seite 129. Walter de Gryter Verlag, Berlin.

Ploss, 1967

Ploss, E. (1967).

Ein Buch von alten Farben.

Heinz Moos Verlag München.

Schweppe, 1993

Schweppe, H. (1993).

Handbuch der Naturfarbstoffe.

Nikol Verlagsgesellschaft Hamburg.

Wiswe, 1958

Wiswe, H. (1958).

Mittelalterliche Rezepte zur Färberei sowie zur Herstellung von Farben und Fleckenwasser.

In Jahrbuch des Vereins für ndt. Sprachforschung, Bd. 81, Seiten 49-58. Wachholtz, Neumünster.

 

Über uns Sachthemen Galerie Kontakt Links