Rekonstruktion eines Spatens aus dem 13. Jh.
ein - abgeschlossener - Fortschrittsbericht

Ilja Ausner, Stand: Januar 2007

Hintergrund

Auf Veranstaltungen haben wir es immer wieder mit Arbeiten im Bereich der Erdkrume zu tun. Entweder muss ein Feuerloch ausgehoben oder ein festsitzender Zelthering ausgegraben werden. Um solche Aufgaben authentisch durchführen zu können, soll die Nachbildung eines hochmittelalterlichen Spatens her, wie er im Raum Brandenburg um 1260 verwendet wurde.

Hochmittelalterliche Spaten (Abb. 1) bestehen aus Holz, Stiel und Blatt sind dabei aus einem Stück gefertigt. Als Griffelement kommen T-, D- oder Knaufformen in den zeitgenössischen Abbildungen vor. Damit sich das hölzerne Spatenblatt aber nicht so schnell am harten, steinigen Boden abnutzt, wurde zusätzlich ein Spatenbeschlag (auch Spatenschuh genannt) um das Holzblatt gelegt. Solche Spatenbeschläge sind zahlreich im Fundgut archäologischer Ausgrabungen vorhanden und weisen insbesondere je nach Region unterschiedliche Formen und Maße auf.

 

Abb.1: Spatenabbildungen - links: aus dem Heidelberger Sachsenspiegel, mit T-Griff und einem sehr hohen Spatenschuh
rechts: aus der Kreuzfahrerbibel, ebenfalls mit T-Griff aber einem schmaleren Beschlag.

Der Fund

Bei den Grabungen in den Potsdamer Uferschichten [Geisler & Grebe 1993] wurde ein Spatenschuh aus dem 13. Jahrhundert gefunden, der mit Hilfe des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und archäologischen Landesmuseums (BLDAM) genauer untersucht und vermessen werden konnte. Leider weist der Fund schon starke Verwitterungsspuren auf, sodass die heutigen Maße von den eigentlichen Originalmaßen um einige Millimeter abweichen können.

Zeichnung: I. Ausner

Abb. 2: Rekonstruierte Form des Spatenschuhs aus den Potsdamer Uferschichten.

Die Form des Spatenschuhs in Abb. 2 entspricht in etwa dem linken Spaten in Abb. 1 und besitzt die Außenmaße 220mm x 230mm (b x h). Die dicke durchgezogene Linie gibt den rekonstruierten Umriss des Spatenschuhs an. Vermutlich wurde er aus zwei einzelnen Blechen, die miteinander feuerverschweißt sind, hergestellt. In der Mitte befindet sich die Aufnahme für das Holzblatt. Hier wurden die beiden Bleche wieder aufgemeißelt und bilden eine V-förmige Nut, die an mehreren Stellen eine Hohlkehle aufweist. In Abb. 2 zeigt die gestrichelte Linie die Tiefe dieser Nut mit Hohlkehle an. Sie misst an der flachsten Stelle eine Tiefe von 5mm und an der tiefsten Stelle 15mm.

Man erkennt hierbei, dass das Holz nur auf einer sehr kleinen Fläche Kontakt zum Spatenschuh hatte. Um eine stabilere Verbindung zu bekommen, wurde das Holz vermutlich mit Birkenteer in den Spatenschuh eingeklebt. Die Verrottung des Holzes würde die Teerreste in der Nut weitgehend zurücklassen, was dann die Hohlkehle in der Nut erklären würde.

Weitere Überlegungen gibt es zur Größe der beiden feuerverschweißten Bleche: Vermutlich hatten beide Bleche vor dem Verschweißen unterschiedliche Größen. Während ein Blech in etwa die Originalgröße aufweist, ist das zweite Blech etwas kleiner. Das kleinere Blech wird auf das Originalblech aufgelegt und beide Teile werden zusammengefügt. Dadurch verringert sich die Dicke des Spatenschuhs von 5mm kurz hinter der Nut (etwa an der gestrichelten Linie) auf 2mm an der Außenkante bei einer Blechstärke zwischen 3 und 3,5mm.

Erster Prototyp

Für einen ersten Prototypen wurden zwei gleich große Stahlbleche (Dicke etwa 3,5mm)  in der zukünftigen Form des Spatenschuhs (inklusive des Ausschnitts für die spätere Holzaufnahme) ausgeschnitten und miteinander feuerverschweißt. In Abb. 3 ist dieser Prototyp gezeigt. Wie auf der Abbildung zu erkennen ist, stimmt der Spatenschuh schon von der Form her sehr gut mit dem Fund überein.

Foto: Timm Esemann

Abb. 3: erster Nachbau des gefundenen Spatenschuhs

Allerdings fand durch das Feuerverschweißen soviel Materialverlust durch Abbrand statt, dass der Spatenschuh in den Abmaßen etwas kleiner geworden ist (190mm x 220mm) und an den Kanten nur noch eine Dicke von etwa 2-3mm aufweist. Die Hypothese, die beiden Bleche könnten eventuell unterschiedliche Größen gehabt haben, bevor sie miteinander verschweißt wurden, scheint demnach nicht zutreffend zu sein. Des Weiteren hat es sich gezeigt, dass sich der Ausschnitt für die Holzaufnahme beim Verschweißen verzogen hatte. Die sich nach oben öffnende V-Form des Ausschnitts, wie sie in Abb. 2 zu erkennen ist, wurde durch das Erwärmen verengt.

Zweiter Spatenschuh

In einem zweiten Anlauf wurde daher versucht, das Replikat noch weiter dem gefundenen Spatenschuh anzupassen. Dabei sollen einerseits die Abmaße des gefundenen Spatenschuhs erreicht werden, andererseits soll der Ausschnitt für die Schaftaufnahme erst nach dem Verschweißen der Bleche ausgeschnitten werden, um dem Verziehen des Ausschnitts bei der Erwärmung entgegen zu wirken.

Wie beim ersten Nachbau wurden auch hier wieder zwei gleichgroße Bleche aufeinander gelegt und feuerverschweißt. Unter Berücksichtigung des Materialverlusts durch Abbrand wurden die Maße der Rohbleche deutlich größer gewählt als beim ersten Prototypen. Nach dem Verschweißen hatte der Spatenschuh dann die dem Fundgut entsprechenden Abmessungen von 220mm x 230mm. Beim Schmieden wurden zudem die Ränder des Spatenschuhs stark ausgetrieben, sodass die abnehmende Dicke zu den Rändern hin dem Profil des gefundenen Schuhs entspricht. Die sehr geringe Blechstärke an den Rändern wird das leichte Einstechen des fertigen Spatens in den Erdboden einmal stark erleichtern.

Nach dem Schmieden wurde die Schaftaufnahme aus dem Schuh herausgeschnitten und kalt aufgemeißelt. Dadurch konnte genau die Form des gefundenen Spatenschuhs geschaffen werden, wie Abb. 4 zeigt.

Foto: Ilja Ausner

Abb. 4: fertiger Nachbau des gefundenen Spatenschuhs

Holzarbeiten

Aus einem Stück Eichenbohle (900mm x 210mm x 30mm LxBxT) wurde der Rohling für den Spatenstiel herausgearbeitet. Dazu wurde die Bohle an den Trittflächen eingesägt (Schnitte S1 und S2) und überstehendes Holz im Bereich des Stiels mit einem Beil abgespalten. Der Stiel kann hierbei schon eine gewisse Rundung (runder Querschnitt) erhalten. Das Ergebnis dieser Vorarbeit ist in Abb. 5 dargestellt.

Foto: Joachim Meinicke

Abb. 5: Rohling des Spatenstiels.

Der Spatenschuh wurde auf den Schaftteil des Rohlings gelegt und angezeichnet. Wie in Abb. 1 zu erkennen ist, soll die taillierte Form des Spatenschuhs vom Schaft weitergeführt werden. Dazu wurde der Schaft zunächst beidseitig bis zum Beginn der Schaftaufnahme des Spatenschuhs eingesägt (S3 und S4) und anschließend an den Ecken soweit abgerundet, dass die Form des Spatenschuhs in den Holzschaft fast fließend übergeht (vgl. Abb. 6).

Zeichnung: I. Ausner

Abb. 6: Arbeiten am Spatenschaft. Sägeschnitte sind mit S1-S4 gekennzeichnet, schraffierte Flächen markieren die mit einem Beil in Maserungsrichtung abgenommenen großen Flächen der Bohle.

Der Schaft wurde im weiteren Verlauf deutlich verjüngt und der Form der Schaftaufnahme im Spatenschuh angepasst. Hierbei war darauf zu achten, dass der Schaft in der Schaftaufnahme zwar fest sitzt aber auch nicht zu fest, da sonst die Gefahr besteht, dass der noch zu dicke Schaft die beiden Bleche des Spatenschuhs auseinander drückt. 

Nachdem der Schaft soweit angepasst war, dass er durch leichtes Einschlagen im Spatenschuh fest sitzt (vgl. Abb. 7), wurden beide Teile mit Teer miteinander verklebt. Dazu wurde der Spatenschuh im Feuer erwärmt, und das Teer in die warme V-Nut des Spatenschuhs gerieben. Durch die Wärme verflüssigte sich das Teer und verteilte sich leicht auf der gesamten Klebefläche. Anschließend wurde der Holzschaft in den Spatenschuh eingedrückt und zum Abkühlen an die Seite gelegt.

Foto: Joachim Meinicke

Abb. 7: der Holzschaft wird in den Spatenschuh eingefügt und mit Teer verklebt.

Nach dem Abkühlen wurde der Stiel des Spatens mit einem scharfen Ziehmesser geglättet und erhielt dadurch seine endgültige runde Querschnittsform. 

Abschließend wurde am oberen Griffende noch ein T-Stück aufgesetzt. Dieses T-Stück wurde aus einem zuvor abgespaltenen Randstück gesägt und erhielt mit einem 20mm Löffelbohrer eine Aufnahme für einen Zapfen, der an das obere Griffende des Spatenstiels geschnitzt wurde. Zapfen und T-Griff wurden miteinander verkeilt.

Der fertige Spaten

Abb. 8 zeigt den fertigen Spaten im Einsatz. Beim Gebrauch zeigt sich, wie außerordentlich stabil die Konstruktion aus Holzspaten und Metallblatt ist. Wir konnten mit unserem Spaten bereits einige Grabearbeiten durchführen und hatten selbst bei schwierigen Böden wie sehr steiniger oder stark ausgetrockneter Erde keine Probleme beim Arbeiten. 

Foto: Joachim Meinicke

Abb. 8: der fertige Spaten im Einsatz bei der Feldarbeit (vgl. Abb. 1).

Foto: Joachim Meinicke

Abb. 9: Foto der Rekonstruktion neben dem Original in der archäologischen Dauerausstellung im Paulikloster in Brandenburg.

Danksagung: Unser besonderer Dank gilt Timm Esemann für seine Arbeiten am Spatenschuh und dem Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum für die Erlaubnis zur Vermessung des Fundguts!

 

Literatur:
Fansa, M. (Hrsg.): Der Sassen Speyghel. Sachsenspiegel – Recht – Alltag. Band 2. Staatliches Museum für Naturkunde und Vorgeschichte. Isensee Verlag, Oldenburg, 1995
Geisler, H., Grebe, K.: Poztupimi - Potstamp - Potsdam - Ergebnisse archäologischer Forschungen, Brandenburgisches Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte, Postdam, 1993

Heidelberger Sachsenspiegel: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/sammlung2/allg/cpg.xml?docname=cpg164

 

Über uns Sachthemen Galerie Kontakt Links