Erste Living-History-Veranstaltung im Castrum Turglowe – Märkisches Leben zur Zeit der Askanier

 

 

Das ‘Mittelalterzentrum Castrum Turglowe‘ ist das ambitionierte Projekt, ein Stück märkische Heimatgeschichte zur lebendigen Veranschaulichung hochmittelalterlicher Lebensweisen vor dem Spiegel archäologischer und historischer Quellen an der mittelalterlichen Burgruine im Zentrum der Stadt Torgelow (Mecklenburg-Vorpommern) wieder aufleben zu lassen. Durch den bewundernswerten Einsatz des Vereins ‘Ukranenland – Historische Werkstätten Torgelow‘ unter der fachkundigen Leitung des Archäologen Eric Zehmke – ein Team, das bereits durch die Erbauung und Belebung des Freilichtmuseums ‘Ukranenland‘, der Rekonstruktion einer slawischen Siedlung, überzeugt hat - entstanden auf dem Gelände des Mittelalterzentrums bereits einige hochmittelalterliche Bauten. Das gesamte Projekt umfasst verschiedene historische Bereiche, unter anderem die Rekonstruktion einer askanischen Grenzburg, ein Kaufleute- und ein Handwerkerviertel im Vorburgbereich und einen historischen Hafen.

 

Modell der geplanten Anlage ‘Castrum Turglowe‘; im Hintergrund die Burgruine aus dem 13. Jahrhundert, eine Jugendstil-Villa, die als Museumsgebäude genutzt werden soll, sowie die beigeordnete Jugendherberge

Da der Darstellungsbereich unserer Gruppe ‘Marca brandenburgensis AD 1260‘ hervorragend zur Zielsetzung des Castrum-Projektes passt, sind wir bereits seit einiger Zeit in das Projekt Mittelalterzentrum integriert. Neben einführenden Seminaren zur Alltagskultur des Hochmittelalters, die wir für die Mitglieder des Vereines abhielten, haben wir als ‘Haus- und Hofgruppe‘ bereits einige Veranstaltungen des Castrums mitgestaltet. Dadurch bot sich uns dieses Jahr die Möglichkeit, unter eigener Regie die erste wirkliche Living-History-Veranstaltung auf dem Gelände des Mittelalterzentrums durchzuführen.

Unter dem Motto "Alltag im Mittelalter zum Anfassen und Mitmachen" lud Marca brandenburgensis AD 1260 als Veranstalter verschiedene hochmittelalterliche Gruppen und Einzelpersonen zu einem Living-History-Wochenende um den 9. und 10. August ein. Die einzelnen Teilnehmer waren: Marca brandenburgensis AD 1260 – Märkisches Leben zur Zeit der Askanier; Familie Busse/Lakatos – ein städtisches Handwerkerpaar aus Berlin-Cölln; Lotharinger Purgare; Suse Sziborra, David Seidlitz und ihr Harzer Ministerialenhaushalt; Karen Thöle; Projekt Folgari: Sylvia Crumbach und Christine, unsere hochmittelalterlichen Slawen; Anno 1265 aus Hessen; Claudia Groß und Thorsten Koch; Katrin und Thorsten von Jakubowski; Nicole und Michael Perschau.

Gruppenfoto

Zwischen den historischen Gebäuden, die ebenfalls genutzt werden konnten, entstand ein hochmittelalterliches Zeltlager. Dienten Donnerstag und Freitag noch zum Anreisen, Aufbauen und Kennenlernen, so stand der Samstag ganz zum Ausleben des hochmittelalterlichen Alltags zur Verfügung. In den einzelnen Lagern wurde gekocht und verschiedenstes Handwerk ausgeübt, und es fand ein reger Austausch zu den unterschiedlichsten Themen zwischen den Teilnehmern statt; alles mit der zarten Untermalung der von Karen gesungenen Stundengebete. Am frühen Nachmittag marschierten wir dann gemeinsam entlang der Uecker durch das Naturschutzgebiet zum nahegelegen Ukranenland. Der Marsch war eine gute Gelegenheit, die historischen Tracht- und Rüstungsbestandteile bei sengender Sonne auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen – die Wasserflaschen und mitgeführten Krüge taten ihre Dienste ebenso wie die Kiepen, Taschen, Strohhüte und das historische Schuhwerk.

Im Ukranenland erhielten wir eine hochinteressante Führung durch das slawische Freilichtmuseum, das dieses Jahr sein 10-jähriges Bestehen feierte und dessen Besuch jedem historisch Interessierten wärmstens ans Herz gelegt werden kann. Der Austausch und Vergleich zwischen deutschem Hochmittelalter und der Slawenzeit des 9. und 10. Jahrhunderts war sehr anschaulich, und es entstand manche Debatte um die Entwicklungen in Handwerk und Alltagsleben.

Anschließend hatte wir das große Vergnügen, die Zeitreise ‘zurück in die Zukunft‘ zum Castrum auf einem rekonstruierten hochmittelalterlichen Boot zurücklegen zu dürfen. Während unsere bewaffnete Eskorte fleißig Ausschau hielt, ruderte die restliche Besatzung das Prahm-ähnliche Flußschiff zurück zum Hafen des Castrum-Geländes. Erschöpft aber glücklich erreichten wir wieder unsere Lager, und hatten dann Gelegenheit, uns durch ein Bad in der Uecker zu erfrischen.

Nun ging es an die Vorbereitung des Abendessens, das wir alle gemeinsam einnehmen wollten. Während in den Lagern die Kugeltöpfe und Grapen in den Feuerstellen vor sich hin köchelten, entstand in der Mitte des Geländes eine große gemeinsame Tafel. Der Anblick der reich gedeckten Tafel mit hochmittelalterlichen Holz- und Keramikgeschirr und der für den Anlass in den besten Kleidern herausgeputzten Teilnehmer war ein wahrer Augenschmaus, der das leckere und abwechslungsreiche Mahl aufs Beste ergänzte. Im Anschluß rückte die Tafel für den geselligen Ausklang des Abends zusammen.

Am Sonntag war das Gelände ab 10 Uhr für den Publikumsverkehr geöffnet, und trotz anhaltender Hitze schlängelte sich ein stetiger Besucherstrom durch die Lager, wo die Gegenstände des Alltagslebens zur Erläuterung und zum Ausprobieren bereit standen. Zusätzlich wurde überall verschiedenstes Handwerk demonstriert und lud zum Mitmachen ein: dörfliche Seilerei, Holzhandwerk, Schuhmacherei, Färberei, Schmuckfertigung, Bogenschießen, Buttern, Teerschwelen, Brotbacken, Brettchenweben, hochmittelalterlicher Gesang, Nadelbinden, Nähen von hochmittelalterlicher Kleidung, Töpferei. Ergänzt wurden diese Vorführungen durch Moden- und Rüstschauen, die Tracht und Ausrüstung am lebenden Objekt zeigten.

Das Publikum war durchweg sehr interessiert und manche Besucher brachten Stunden zwischen den einzelnen Lagern zu. Bei einer Publikumsbefragung am Ausgang des Geländes wurde immer wieder lobend hervorgehoben, wieviel Zeit und Begeisterung für die Beantwortung von Fragen aufgebracht wurden. Dies und die offensichtliche Begeisterung der teilnehmenden Gruppen sorgte dafür, daß unsere Living-History-Veranstaltung auch von der Seite der anfangs sehr skeptischen Museumsdörfler als voller Erfolg gewertet wurde, verbunden mit der Einladung, dies nächstes Jahr doch bitte zu wiederholen!

Fazit: Die Organisation hat uns im Vorfeld einiges an Nerven und grauen Haaren gekostet, doch haben die gemeinsam verbrachten Tage mit Gleichgesinnten dies alles mehr als aufgewogen. Die Veranstaltung war der bereits lange fällige Beweis dafür, dass eine anspruchsvolle Living-History-Veranstaltung im Bereich Hochmittelalter mit einfachen Mitteln realisierbar und für alle Beteiligten erfolgreich sein kann, solange alle an einem Strang ziehen und sich über die Grundvoraussetzungen einig sind.

Wir möchten uns deshalb bei allen Teilnehmern auf das Herzlichste für ihre Beiträge und ihren Enthusiasmus bedanken – ohne Euch wäre dies alles nicht möglich gewesen! Ein besonderer Dank gebührt auch Wolfgang, Uwe, Dirk und Andrea vom Ukranenlandverein für ihre Hilfe bei der Organisation, sowie natürlich Cordula, der Museumstöpferin!

Einige Impressionen der Veranstaltungen und der zugehörige Pressetext finden sich auf den folgenden Seiten:

Lagerleben
Publikumsarbeit
Presseerklärung zur Veranstaltung

 

Ruth

Marca brandenburgensis AD 1260

 

 

Über uns Sachthemen Galerie Kontakt Links