Werben - Grundstein der Balley Brandenburg

 

Blick über Werben. Im Hintergrund die St. Johannis Kirche

Auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land hatte auch der askanische Markgraf Albrecht (der Bär) das Wirken der Johanniter kennen und schätzen gelernt. Deshalb stiftete er in der Nordmark 1160 eine Ordensniederlassung in Werben an der Mündung der Havel in die Elbe, den Grundstein für die spätere Balley Brandenburg. Die Stiftung umfaßte die schon existierende romanische Kirche mit allem Zubehör und Nutzen (ausgenommen den Zehnten) sowie sechs Hufen Land. Als Komtur wurde Albrechts Sohn Dietrich eingesetzt, der dafür in den Orden eingetreten sein muß.

Angebliche Lambertikapelle der Komturei. Der Backsteinbau aus dem 13. Jahrhundert wurde vermutlich nicht als Kapelle errichtet. Im Ost- und Westgiebel ist jeweils ein Johanniterkreuz zu erkennen. Im Inneren sind unlängst Rankmalereien aus dem 15. Jahrhundert sichtbar geworden.

Die Kirche befand sich auf dem Gelände der ehemaligen Burg. Werben, in der sicheren Altmark gelegen, war einst eine wichtige Grenzburg gegen die slawischen Stämme jenseits der Elbe gewesen. In der Chronik Thietmars von Merseburg wird die damalige Reichsburg 1005 erwähnt. 1035 geriet die Burg dann für viele Jahrzehnte in slawische Hand. Nach der Rückeroberung diente Werben Albrecht dem Bären dann zur Sicherung des gerade eroberten Havelbergs und als Ausgangspunkt für weitere Feldzüge in die Prignitz und das Havelland. Danach war Werben als strategische Grenzburg abgelöst worden und konnte so anderen Funktionen zugeführt werden.

St. Johanniskirche, Südansicht

Weitere Kommenden der Johanniter in Nordostdeutschland folgten - mit seiner Stiftung hatte Albrecht die Keimzelle für die Balley Brandenburg gelegt, aus der später, nach der Ablösung aus dem katholischen Malteserorden, der protestantische Johanniterorden entstehen sollte.

Mehr Informationen zur Balley Brandenburg und den Johannitern


Der etwas zu kurz geratene Turm der St. Johanniskirche. Der Turm ist das älteste erhaltene Bauteil der Kirche.

Von der Komturei Werben hat sich bis heute nur eine kleine Backsteinkapelle (zweites Viertel des 13. Jh.) erhalten, das älteste Bauzeugnis der Johanniter in Werben. Ihre Giebelwände mit je einem Johanniterkreuz geschmückt sind. Da Werben auch für den Handel günstig lag, entwickelte sich eine gleichnamige Stadt mit einer um 1280 errichteten Backsteinmauer. Die Stadt wuchs und trat in ihrer Blütezeit 1358 der Hanse bei. In dieser Epoche entstand das massive Elbtor (1891 abgebrochen).

Mittelschiff der St. Johanniskirche, Westblick

Die Kirche wurde von den Johannitern immer wieder erweitert und ausgebaut und birgt noch heute viele Kunstschätze. Ursprünglich hatte hier im 10. Jahrhundert nur eine kleine Holzkirche gestanden. Im 12. Jahrhundert entstand an ihrer Stelle ein Backsteinbau (unterer Teil des heutigen Turmes), der im Laufe der nächsten Jahrhunderte vom Orden immer weiter aufgestockt und erweitert wurde (Neubau des Langhauses im 14. Jh., Neubau des Kirchenschiffes und Aufstockung des Turmes im 15. Jh.). Im Inneren der St. Johanniskirche findet man noch heute zahlreiche ordensspezifische Hinterlassenschaften dieser ehemaligen Johanniterniederlassung, wie z. B. die Glasmalereien aus dem 14. und 15. Jahrhundert in den Fenstern des Chores und der Nordwand der Kirche, die unter anderem auch Wappenschilde mit Johanniterkreuzen zeigen.

Detail des spätmittelalterlichen Altars in St. Johannis mit gerüstetem Johanniterritter

Die Kirche unterstand dem Orden bis 1542. Die Komturei existierte als evangelische Einrichtung bis 1809. Heute, nachdem die Johanniter Werben verlassen haben, ist die St. Johanniskirche "eine Nummer zu groß" für die kleine Gemeinde von gerade einmal 840 Einwohnern. Nicht nur durch die Verwahrlosung der letzten 40 Jahre sind am Gebäude einschneidende Schäden entstanden, deren Beseitigung die Gemeinde bei weitem überfordert. Trotzdem schaffte es der Ort 2003 die Heilig-Geist-Kapelle denkmalgerecht zu sanieren. Die Kapelle war Teil des Johanniter-Hospitals. Später verwendete man sie als Lagerraum für Salz. Heute dient sie als Standesamt und Veranstaltungsort. Von ihrer Vergangenheit zeugt nur noch das achtspitzige Kreuz an der Wand.

Kirchenfenster St. Johannis Ostseite, in der zweiten Reihe von unten sind zwei kniende Johanniter im schwarzen Habit zu erkennen

Heute fristet Werben abseits der Touristenwege ein eher unbedeutendes Dasein im Schatten des bekannten Havelbergs auf der anderen Elbseite. Dies hat für den interessierten Besucher jedoch den Vorteil, daß ihm das beschauliche Werben, das seine mittelalterlichen Ausmasse nicht wesentlich überschreitet, ein nahezu unverfälschtes Bild einer märkischen Kleinstadt der Vergangenheit bietet. Ein Besuch mit Führung durch die St. Johanniskirche lohnt sich auf jeden Fall.

Diorama des mittelalterlichen Werbens. Im Bild unten die Komturei an der Stadtmauer, darüber die St. Johanniskirche

 

Erste Fassung: Joachim Meinicke im September 2003

 

Literaturangaben (Auszug):

Die Mark Brandenburg – Heft 16: Ritterorden und Ordensritter in der Mark Brandenburg; Lucie Großer Verlag, Berlin, 1995

Werben/Elbe – ein kulturhistorischer Stadtführer; Stadtverwaltung Werben/Elbe (Hrsg.); Stadt-Bild-Verlag; Leipzig 1993

johanniter - Heft 2/2007: Werben ohne Werbung

Jenseits von Jerusalem - Spuren der Kreuzfahrer zwischen Harz und Elbe; Reinhard Schmitt und Stefan Tebruck; Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt - Landesamt für Vorgeschichte; Halle (Saale) 2005

 

 

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