Der Sachsenspiegel


Ruth Maria Hirschberg, Januar 2003


 

Der sogenannte "Sachsenspiegel" ist ein hochmittelalterliches Rechtsbuch, das innerhalb Deutschlands und darüber hinaus eine große Verbreitung fand und einen erheblichen Einfluß auf die mittelalterliche und neuzeitliche Rechtsprechung ausübte. Er wurde von einem gewissen Eike von Repgow (Repchowe, Repichowe, Repow) um das Jahr 1230 verfaßt. Für die Darstellung des hochmittelalterlichen Alltagslebens in der Mark Brandenburg ist diese Handschrift insofern interessant, als sie vor allem die besonderen Verhältnisse in den Siedelgebieten der Ostmarken des Reiches berücksichtigt, und aus den Rechtsvorschriften viele Aspekte des dörflichen Lebens und der lehensbedingten Abhängigkeiten erschließbar sind.

 

1. Autor und Handschriften des Sachsenspiegels

 

Eike von Repgow

Der Name Eike von Repgow taucht in sechs Urkunden aus dem linkselbischen Raum zwischen Magdeburg und Meißen auf, datiert zwischen 1209 und 1233, worin er ausdrücklich als bedeutender Zeuge benannt wird. Seine Familie stammte vermutlich aus dem sächsischen Altsiedelland, wanderte wohl im 12. Jahrhundert in den Wendengau Serimunt ein (südlich von Magdeburg) und kam dort in dem zwischen Dessau und Köthen liegenden Dorf Reppichau zu Besitz. Die Familie wird hier erstmals 1156 urkundlich erwähnt: ein Eyco und Arnolt de Reppechowe sollen an einem Gerichtstag Albrechts des Bären teilgenommen haben. Nach weiteren Urkunden um 1227 ist zu entnehmen, daß die Familie auch in der Stadt Magdeburg ein Haus als Lehensbesitz inne hatte, welches vermutlich Eikes Vater oder Großvater gehörte. Seit dieser Zeit ist die Familie von Repgow in Anhalt, Sachsen und in der Mark Brandenburg nachgewiesen, erst im Jahre 1812 stirbt der letzte Namensträger dieses Geschlechtes, welcher im Dienste Friedrichs des Großen gestanden hatte.

Konkrete Lebensdaten für Eike von Repgow sind nur wenige bekannt, doch wird angenommen, daß er gegen 1180 geboren wurde - 1209 wird er das erstemal als Zeuge erwähnt, dazu müßte er schon im Mannesalter gewesen sein - und gegen 1233 gestorben ist, da sein Werk von dem 1235 in Mainz stattfindenden Hoftag keine Kenntnis mehr nimmt. Aus der Vorrede des Sachsenspiegels geht außerdem hervor, daß der Autor bei dessen Verfassung schon in vorgerücktem Alter stand. Die Frage nach Eikes Geburtsstand und seiner sozialen Stellung ist umstritten, die Mehrzahl der Autoren geht allerdings davon aus, daß er ein freigeborener Adliger war, der sich später als Ministerialer seinem Lehensherren, Graf Hoyer von Falkenstein, andiente, jedoch unter Wahrung seiner Besitz- und Schöffenfähigkeit. In der lehensrechtlichen Rangfolge des Sachsenspiegels, der sogenannten Heerschildordnung, stehen Schöffenbarfreie und gehobene Ministerialität auf der gleichen Vasallitätsstufe - und genau dieser Umstand führt auch zur Unklarheit bezüglich Eikes gesellschaftlicher Stellung, da er in den erhaltenen Urkunden mal in der Reihe der Edelfreien und mal in der Reihe der Dienstmannen genannt wird. Aus einigen Bemerkungen Eikes im Sachsenspiegel läßt sich jedoch ableiten, daß er der aufstrebenden Rolle der (niederen) Ministerialität in der höfischen Ordnung des frühen 13. Jahrhunderts mit Abneigung und Mißbilligung entgegentrat - was wiederum die These unterstützt, daß er ein Edelfreier war. Eike war also ein ‘Ritter‘, der des Lesen und Schreibens und des Lateinischen mächtig war. Die engen Beziehungen seiner Familie zum Magdeburger Erzstift legen nahe, daß er seine Ausbildung an der dortigen Domschule erhielt, oder aber an der angesehenen Schule am Dom zu Halberstadt. Neben dem Sachsenspiegel wird Eike von Repgow auch noch ein zweites großes Werk zugeschrieben, die sogenannte Sächsische Weltchronik, doch legen neuere Untersuchungen nahe, daß diese Chronik eher einem späteren Verfasser zuzuordnen ist.

Abb. 1. Bildnis des Rechtsgelehrten Eike von Repgow aus der Wolfenbütteler Handschrift.

In den erhaltenen illustrierten Handschriften des Sachsenspiegels wird Eike in der typischen Tracht eines reifen Herrn (Adliger oder gehobener Ministerialer) dargestellt: er trägt eine gepflegte, sorgfältig gelockte Haar- und Barttracht ohne Kopfbedeckung; über dem weiten grünen Surcot wird ein körpernah geschnittenes braunes Obergewand sichtbar; die braunen Beinlinge liegen ebenfalls eng an, die schwarzen Spangenschuhe sind über dem Spann weit ausgeschnitten.

 

Die Handschriften

Die ursprüngliche Handschrift des Sachsenspiegels ist wohl in der Zeit zwischen 1220 und 1235 entstanden, wobei Eike selbst mehrfache Überarbeitungen vorgenommen hat und auch später im Magdeburger Raum noch einige Zusätze zugefügt wurden, so daß das Werk um 1270 seinen wesentlichen inhaltlichen Abschluß fand. Ursprünglich verfaßte Eike das Rechtsbuch in der bis dahin üblichen Schriftsprache Latein, und nur auf Betreiben seines Lehensherrn Graf Hoyer von Falkenstein entstand die volkssprachliche Version in elbostfälisch-niederdeutscher Sprache. Die deutsche Urfassung ist leider nicht mehr erhalten, die sogenannte Quedlinburger Handschrift, die noch aus dem 13. Jahrhundert stammt, dürfte ihr aber wohl am nächsten kommen. Der früheste Bezug auf den Sachsenspiegel läßt sich aus einem halleschen Schöffenbrief des Jahres 1235 ermitteln, die späteste amtliche Nutzung erfolgte in einem Urteil des Reichsgerichts vom Jahre 1932 (!). Die große Verbreitung des Sachsenspiegels zeigt sich auch an der Zahl der bekannten bzw. erhaltenen Handschriften: es sind 341 handschriftliche Landrechts- und 94 Lehensrechtstexte bekannt, davon stammen sechs noch aus dem 13. Jahrhundert – allerdings sind einige inzwischen durch widrige Umstände verloren gegangen. Die größte Zahl der Handschriften ist in niederdeutscher bzw. in niederländischer Sprache geschrieben, gefolgt von ca. 100 mitteldeutschen Fassungen und nur elf oberdeutschen und vier lateinischen Übertragungen. Der Sachsenspiegel fand über Sachsen hinaus weite Verbreitung in den Niederlanden, aber auch in den Ostgebieten: mit den deutschen Siedlern wanderte auch das sächsische Rechtsbuch und fand schnell im Magdeburger, Breslauer und Krakauer Raum Verwendung bzw. wurde Grundlage für dort neu entstehende Rechtsbücher.

Besonders kostbar und für uns auch außerordentlich interessant sind die erhaltenen Bilderhandschriften. Von den ursprünglich mindestens sieben Bilderhandschriften sind heute nur noch vier erhalten, die alle auf eine um 1290 östlich des Harzes entstandene, inzwischen jedoch verlorene Handschrift zurückgehen. Diese werden nach ihrem heutigen Aufbewahrungsort benannt. Die Oldenburger Handschrift wurde um 1336 im Kloster Rastede geschrieben und ist der Stammform vermutlich am nächsten. Die um 1300 entstandene, allerdings nur noch fragmentarisch erhaltene Heidelberger Handschrift kommt dem Vorbild vermutlich ebenfalls sehr nahe. Die Dresdener Handschrift entstand um 1350 im Meißener Raum und ist sehr reichhaltig ausgestattet – allerdings erlitt sie im Zweiten Weltkrieg einen schweren Wasserschaden. Die jüngste Bilderhandschrift ist das Wolfenbütteler Exemplar, sie entstand zwischen 1350 und 1375.

Die Bildfolgen glossieren den Text der entsprechenden Seite des Sachsenspiegels. Für uns besonders interessant sind die verwendeten Symbole und Gebärdensprache, die die jeweiligen Volkes- bzw. Standeszugehörigkeiten und Abhängigkeitsverhältnisse repräsentieren. Ein reicher Franke wird beispielsweise durch pelzbesetzte Kleidung kenntlich, ein Wende an seinen Beinwickeln, ein Edelmann an der Farbigkeit und Länge seiner Cotte, das Alter von Personen durch die Haar- bzw. Barttracht verdeutlicht, etc. Daraus können wichtige Hinweise auf Unterschiede in der Tracht der verschiedenen Volksstämme und Stände herausgelesen werden. Überhaupt scheinen im Sachsenspiegel besonders typische Szenen aus dem Alltagsleben abgebildet zu sein, so daß die Bilder einen wesentlichen Beitrag vor allem zur bäuerlichen Alltagskultur darstellen. Dies ist für uns vor allem deshalb wichtig, da realistische bäuerliche Szenen in der zeitgenössischen darstellenden Kunst ja eher selten zu finden sind.

 

Geltungsbereich des Sachsenspiegels

Wie aus dem Name des Rechtsbuch bereits ersichtlich ist, schreibt Eike im Sachsenspiegel das Recht seines Stammes, eben der Sachsen, nieder. Seiner Beschreibung nach erstreckt sich das Sachsenland über sechzehn Bistümer: Naumburg, Merseburg, Meißen, Brandenburg, Havelberg, Kammin, Halberstadt, Hildesheim, Verden, Paderborn, Osnabrück, Minden, Münster, Lübeck, Schwerin und Ratzeburg. Ein Großteil dieser Bistümer untersteht den Erzbistümern Mainz und Köln, und nur die nördlichen und östlichen den im Wortsinne sächsischen Erzbistümern Bremen und Magdeburg. Innerhalb des von Eike beschriebenen Sachsenlandes werden sieben Fahnenlehen aufgezählt, also vom König abgeleitete weltliche Fürstentüme:: das Herzogtum Sachsen, die Pfalzgrafschaft Sachsen, die Mark Brandenburg, die Landgrafschaft Thüringen, die Mark Meißen, die Mark Lausitz und die Grafschaft Aschersleben oder Anhalt. In diesem Bereich gibt es fünf Königspfalzen, nämlich Grone, Goslar, Wallhausen, Allstedt und Merseburg. Aus dieser Aufzählung ist ersichtlich, daß das von Eike beschriebene Sachsenland sowohl Altsiedelland als auch kolonisiertes Neuland umfaßt, wobei die etwa mittig hindurchfließende Saale seit alters her die immer wieder umkämpfte Grenze zwischen den deutschen und den slawischen Volksstämmen darstellte.

Dominante Herrschergeschlechter rund um Eikes Wirkstätte waren die Wettinischen Markgrafen von Meißen, die Thüringer Landgrafen, die brandenburgischen Askanier sowie der Erzbischof von Magdeburg bzw. der Bischof von Halberstadt. Auch eine Reihe von Reichsabteien, wie z. B. Quedlinburg (über das Eikes Lehensherr, der Graf von Falkenstein, die Vogteirechte ausübte) waren bedeutende politische Kräfte in dieser Region.

 

2. Ausgewählte Illustrationen und Rechtsvorschriften des Sachsenspiegels

 

Die besonderen Verhältnisse des ‘ostsächsischen‘ Raumes

Die besondere Situation des ostsächsischen Raumes – im Unterschied zum restlichen Deutschen Reich – schlägt sich auch im Sachsenspiegel auffällig nieder. Dieses Rechtsbuch ist deshalb eine wichtige Quelle, um die uns besonders interessierende Situation in der hochmittelalterlichen Mark Brandenburg zu beleuchten, deren Besiedlung zu Eikes Lebzeiten unter der Herrschaft der Askanier in vollem Gang war.

Im Sachsenspiegel stellte die Saale-Grenzlinie auch eine rechtliche Scheidelinie dar: Nach dem Lehensrecht müssen im sogenannten ‘Altsachsen‘, also dem Altsiedelgebiet, die Vasallen den Reichsdienst im ‘Lande deutscher Zunge‘ ableisten, während die östlich der Saale Belehnten in das Land der Wenden, Polen und Böhmen zum Waffendienst ziehen müssen.

Abb. 2. Verpflichtung zum Ostkreuzzug in den Gebieten östlich der Saale.

Auch die sich auf dem Höhepunkt befindliche deutsche Kolonisierung des Neusiedelgebietes findet in dem Rechtsbuch Berücksichtigung, indem beispielsweise die Bestimmungen über die Errichtung von Marktorten, die Gründung neuer Dörfer etc. niedergelegt werden. Verschiedene rechtliche Bestimmungen für die deutsche und die ‘wendische‘ Bevölkerung werden beschrieben und auch Vorschriften für die Regelung von Sprachschwierigkeiten bei Rechtsstreitigkeiten erlassen.

Näheres zum Thema Ostsiedelgebiete und Geschichte der Mark Brandenburg im Hochmittelalter findet sich unter Die Mark Brandenburg bzw. unter Die politische Situation in und um die Mark Brandenburg.

 

Die Mark Brandenburg

Abb. 3. Wappenschild mit dem brandenburgischen Adler.

Die besondere Bedeutung der Mark Brandenburg bzw. des brandenburgischen Markgrafen als Erzkämmerer und Kurfürst des deutschen Reiches im 13. Jahrhundert wird auch im Sachsenspiegel erläutert und illustriert. Der Markgraf ist durchweg durch seine langen und farbigen Obergewänder und seine Krone auf dem sorgfältig gelockten Haar gekennzeichnet.

Abb. 4. Die Laien-Kurfürsten in Ausübung ihrer Erzämter. Der Markgraf von Brandenburg (links) gießt als Erzkämmerer Handwasser aus einem Becken ins andere.

Abbildung 4 verdeutlicht die besondere Situation in den Ostsiedelgebieten. Neue Dörfer ‘von wilder Wurzel‘ werden begründet, indem ein vom Markgrafen oder sonstigem Grundherren beauftragter ‘Lokator‘ einen geeigneten Platz aussucht und mit den zukünftigen Siedlern dort das Land rodet und urbar macht und die ersten Hütten baut (rechts oben). Links wird die Übergabe der Gründungsurkunde an den Lokator gezeigt. Der Lokator trägt im Unterschied zu den Bauern und Landsassen eine besondere Kopfbedeckung, die ihn als sogenannten Bauernmeister auszeichnet. Die untere Abbildung illustriert das Dorfgericht, dessen niedere Gerichtsbarkeit der Bauernmeister ausübt.

Abb. 5. Ostkolonisation: Dorfgründung.

Detailliertere Angaben zu diesem Themenkomplex finden sich unter Die Organisation der märkischen Dörfer sowie Mittelmärkische Plansiedlung.

 

Lehensdienst, Ritter und Ministerialität

Der Lehensdienst besteht aus dem Waffendienst für den Herrn (Heerfahrt, Reichsdienst) und der Verpflichtung, am Lehensgericht des Lehensherrn als Urteilsfinder mitzuwirken (Hoffahrt). Als Dienstmannen (denstlude) oder Ministerialen werden unfreie Leute bezeichnet, die vom König oder von weltlichen und geistlichen Herren zu höheren Verrichtungen bei Hof, in der Verwaltung und im Reiterdienst (Boten sowie Ritter im engeren, militärischen Sinne) verwendet werden. Im 13. Jahrhundert verschmelzen sie mit dem freien Ritterstand und beteiligen sich maßgeblich an der ritterlich-höfischen Kultur. Ihr Recht ist nach dem Sachsenspiegel so verschieden, daß es sich einer zusammenfassenden Darstellung entzieht.

Das Burglehen ist eine besondere Lehensform, welche zur Burghut verpflichtet und häufig auch mit besonderen Verwaltungsformen im Bezirk verbunden ist. Die mit einer Burg belehnten Vasallen sind die sogenannten Burgmannen (borgere) – in der Mark Brandenburg waren dies in der Regel Ministerialen.

Die Belehnung wurde neben dem Treueid durch einen besonderen Formalakt begründet, die als Mannschaftsleistung bezeichnet wird. Dabei legte der Mann (man, Lehensmann) die gefalteten Hände in die seines Lehensherrn, der sie mit den seinen umschloß.

 

Abb. 6. Verpflichtung zum Kriegsdienst: Der Lehensmann dient sechs Wochen auf eigene Kosten (links) und ruht sich sechs Wochen vom Lanzendienst aus (rechts).

Abb. 7. Verpflichtung zur Heerfahrt: Der gerüstete Lehensherr bietet seinen Mann (links) zur Romfahrt auf.

Abb. 8. Bereitstellung eines Boten- oder Kriegspferdes an den Herrn (rechts) kann von weiteren Verpflichtungen des Lehensmannes entbinden.

Abb. 9. Bewaffnete Panzerreiter eskortieren ihren Herrn. Man beachte die verschiedenen Waffen- und Rüstungstypen.

Abb. 10. Fußkämpfer mit Stangenwaffen.

 

Einführende Artikel zu diesem Thema können unter Ministeriale in der Mark und Kriegshandwerk um 1260 in der Mark eingesehen werden.

 

Dörfliches Leben

Zu den Bewohnern des Dorfes gehören die freien Bauern (Hüfner) sowie deren Landarbeiter, Handwerker und Hirten (Kossäten). Der Gründer (Lokator) des Dorfes kann ein niedriger Adliger oder Ministerialer sein, der dann ebenfalls einen Hof des Dorfes bewohnt, oder ein Bauer, der in diesem Falle das Amt des Bauernmeisters (in anderen Quellen: Dorfschulze) übernimmt. Der Bauernmeister (burmester) entspricht dem Dorfvorsteher und hat verschiedene dörfliche Verwaltungsaufgaben inne, u. a. die niedere Gerichtsbarkeit und Koordination der Aussaat- und Ernteaktivitäten des Dorfes. Die Bauern sind die sogenannten Abgabepflichtigen (biergelden) oder Zinsmannen und haben damit ein Leiheverhältnis niederer Ordnung inne, das durch die wirtschaftliche Abhängigkeit von einem Herrenhof und durch die Art der Zinsen und Dienste gekennzeichnet ist. Der Zinnsmann muß das Zinsgut selbst oder durch Knechte bewirtschaften, letztere sind in der Regel die Landsassen. Die Landsassen (lantseten, Kossäten) sind freie Leute ohne Grundeigen, die fremden Boden bebauen, ohne an die Scholle gebunden zu sein. Auch freigelassene Leibeigene und Dienstmannen erhalten die Rechtsstellung der Landsassen.

In den Illustrationen sind sowohl Bauern als auch Landarbeiter in der Regel durch Fußwickel kenntlich, doch tragen die freien Bauern ihre kinnlangen Haare frei, währen die Kossäten meist Kopfbedeckungen tragen. Der Bauernmeister wird durch einen besonderen (Stroh-?) Hut gekennzeichnet (siehe Abbildung 5).

Abb. 11. Hochzeit einer Witwe (kenntlich durch den Schleier) – die Vermählten tauschen einen Ring.

Abb. 12. Mutter im Wochenbett und Kind in einer Wiege. Das Kind ist typischerweise in Tücher eingewickelt und kann so ‘ruhiggestellt‘ und mit zur Feldarbeit genommen werden.

Abb. 13. Die Abbildung zur Habe einer Witwe als Beispiel für Einrichtung und Hausrat: Tisch mit Becher und Schüsseln, Bett, Stuhl, Kissen.

Abb. 14. Illustration zur Fälligkeit von Abgaben: am Walburgistag (1. Mai) der Lämmerzehnt, an St. Urban (25. Mai) der Obst- und Weinzehnt, an St. Johannis (24. Juni) der Fleischzehnt, zu St. Margareten (13. Juli) der Kornzehnt, zu Mariae Himmelfahrt (15. August) der Gänsezehnt sowie zu St. Barthomoläus allerlei Zins und Pflege (Geldzins, Naturalabgaben wie Eier und Getreide).

Abb. 15. Getreideernte mit der Handsichel (Handmahd).

Abb. 16. Bauern mit Hakenpflug, Pferde in Brustanspannung

Abb. 17. Pferdefuhrwerk zum Holztransport

Abb. 18. Der Hirte – kenntlich an Hirtenstab und Gugel – übernimmt Ziegen und Schafe, um sie auf die Weide zu führen.

Einführend zu diesem Thema siehe auch unter Alltagsleben im märkischen Dorf des 13. Jahrhunderts und Die Organisation der märkischen Dörfer

 

Zusammenleben von Deutschen und Wenden

Abb. 19. Oben: Wende und Sachse dürfen nicht übereinander urteilen – im Bild erscheinen vor dem Grafen ein Jude (Spitzhut und Bart), ein Franke (Pelzkragen) und ein Sachse (mit Sachs), während der Wende (rote Beinwickel, typische kurze ausrasierte Haartracht) abseits steht und seine Unfähigkeit durch die Gebärde ausdrückt. Unten: Wer in seiner Muttersprache beklagt wird, muß darin antworten – zwei Wenden (durch die Handhaltung als des Deutschen unkundig kenntlich) verhandeln durch deutschsprechende Stammesgenossen vor Gericht.

Abb. 20. Wenden. Auch in dieser Abbildung werden die Wenden durch ihre typische Tracht gekennzeichnet. Die Slawin (links) trägt gewickelte Kopftücher mit Schläfenringen, letztere gelten in Grabungsfunden ebenfalls als ethnognomonisches Merkmal für die slawische Bevölkerung.

Abbildungsnachweise:

Falls nicht anders gekennzeichnet, stammen alle Abbildungen aus der Heidelberger Handschrift und wurden nach folgenden Publikationen modifiziert:

  • Der Sachsenspiegel. Bilder aus der Heidelberger Handschrift. Eberhard Freiherr von Künßberg. Insel Verlag, Leipzig, Insel-Bücherei Nr. 347

  • Der Sachsenspiegel. Online-Publikation: Bibliothek Heidelberg.

  • Eike von Repgow. Der Sachsenspiegel. Hrsg. Clausdieter Schott. 3. Aufl., Manesse Bibliothek der Weltliteratur, Manesse Verlag, Zürich, 1996

 

Quellen und Literatur:

 

 

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